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Das Swiss-Classic-Journal

 

Verbier Festival&Academy 2018

 

Archiv: frühere Festivals

 

2018

 

Höhepunke und Experimente                   Verbier-Festival: Erfolgs-Bilanz

Jung, aber meisterlicher Interpret            Jan Lisiecki im Rezital und als Solist mit Orchester

Sternstunde des Klavierquintetts             András Schiff und das Ebène-Quartett

Die Gunst des Publikums erobert             Kammermusik: Kian Soltani und Aaron Pilsan

Lehrer und Schüler                                     Rezitals von Sergei Babayan und Daniil Trifonov

András Schiff als Dirigent und Pianist       Verbier Festival Chamber Orchestra

Ausdrucksstarke Sängerinnen                   "Adriana Lecouvreur" in Verbier

Jubiläums-Gala

Hoch intensive Kammermusik                    Kritof Barati, Violine, Andrei Ioniţă, V'cello

Zwei Pianisten                                              Evgeny Kissin und Seong-Jin Cho

Kraftvoll und differenziert                          Streichduos und -trio

Temperament und Einfühlung                   Alexandra Conunova und Denis Kozhukhin

Ein bunter und farbenfroher Strauss        Eröffnungkonzert

 

 

 

 

Höhepunke und Experimente

Verbier-Festival: Erfolgs-Bilanz

Das Verbier-Festival verzeichnet im 25 Jahr seines Bestehens und mit einem Jubiläums-Programm gute Erfolge. An 59 Konzerten und 108 Masterclasses und an zahlreichen Zusatzveranstaltungen nahmen insgesamt 63 500 Personen teil, wobei für die Konzerte 38 000 Karten, 16 Prozent mehr als letztes Jahr, verkauft wurden.
Einige Höhepunkte des Festivals waren das Eröffnungskonzert mit Valery Gergiev am Pult des Festival-Orchesters und auch die Oper „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilea ebenfalls mit Gergiev als Dirigent. Es gab auch sonst etliche Highlights aber auch Darbietungen, die knapp Festival-Qualität erreichten. Die "Rencontres inédites", Konzerte mit den unterschiedlichsten Künstlern und Programmen sind manchmal ein interessantes Experiment, doch nicht unbedingt eine Garantie für höchste Qualität. An namhaften Solisten mit eindrücklichen Konzerten sind Evgueni Kissin, Elisabeth Leonskaja, András Schiff, Leonidas Kavakos, Daniil Trifonov, Daniel Lozakovitch, Lucas Debargue und Jan Lisiecki neben vielen anderen hervorzuheben. Viel Beifall erhielt auch die Jubiläumsgala an der fast alle Berühmtheiten der letzten Jahrzehnte auf der Bühne wirkten. Die eindrücklichsten Konzerte boten der Violinist Ilya Gringolts, das Ebène-Quartett und auch die jungen Pianisten Lucas Debargue und Jan Lisiecki.
Von der Academy wurden eine Reihe Teilnehmer mit Preisen bedacht, die höchste Auszeichnung, den Prix Yves Paternot, erhielt der 24-jährige kanadische Violinist Timothy Chooi. Der Preis umfasst neben einer Geldsumme auch ein Rezital am Festival des kommenden Jahres. Einige andere Preisträger, wie der Pianist Mao Fujita, wird man im Auge behalten müssen.

 

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Jung, aber meisterlicher Interpret

Jan Lisiecki im Rezital und als Solist mit Orchester

Der Freitag war der Tag des jungen kanadischen Klavierstars Jan Lisiecki. Am Vormittag gab er ein hervorragendes Rezital in der Kirche und am Abend sprang er für den Klarinettisten Martin Fröst ein und spielte das Klavierkonert a-moll von Robert Schumann.
Auch das morgendliche Konzert begann er mit Schumann, mit den „Nachtstücken“ op. 23. Er spielt sie eher zurückhaltend, mit kluger und klangschöner Gestaltung der Melodien und Nebenstimmen. Den anschliessenden Zyklus „Gaspard de la Nuit“ von Maurice Ravel spielte er wie das ganze Programm an zahlreichen Orten, ich hörte ihn zum dritten Mal, wobei ich früheren Interpretationen den Vorzug geben müsste. Es kommt immer auf den Ort, das Instrument, das Publikum, die Tageszeit an, wie Jan Lisiecki im Gespräch zugestanden hat. Nichtsdestotrotz war die Wiedergabe technisch nahezu vollkommen und viele Details und Klangfiguren gelangen wunderbar, aber im Ganzen fehlte etwas das Zauberhafte bei "Ondine", das Hintergründige und Sarkastische beim „Scarbo“. Das Zauberhafte lässt sich eben nicht mit Knopfdruck jederzeit hervorzaubern. Einmal mehr zeitlos – oder aus der Zeit gefallen – gelang dagegen „Gibet“ in seiner traurigen Eintönigkeit, wogegen ich den Eindruck hatte, dass das Publikum das Stück nicht begriffen hat.
Die zweite Hälfte mit Rachmaninoffs „Morceaux de fantaisie“ op. 3 und von Chopin Nocturne op. 27, Nr 1 und Scherzo in h-moll op. 20 gelang aus einem Guss, die Stücke von Rachmaninoff hatten eine gewisse Vornehmheit bei aller Attacke, und Chopin – vor allem das stürmische Scherzo – wirkten perfekt.
Am Abend wirkte Jan Lisiecki im Klavierkonzert op. 54 nicht bloss absolut souverän, er gestaltete die kraftvollen und vorwärtsdrängenden Partien mit entsprechendem Elan ohne Härte und hatte das sichere und entspannte Gefühl für die sanglichen und lyrischen Momente und für das Zusammenwirken mit den Orchesterinstrumenten. Er reiht sich nach meiner Ansicht in die grossen Schumann-Interpreten ein. Wie am Vormittag schloss er seine Vorstellung mit einer feinsinnigen Wiedergabe von Schumanns „Träumerei“ aus den „Kinderszenen“. Das Verbier Festival Chamber Orchestra war sowohl beim Klavierkonzert wie bei der nachfolgenden zweiten Sinfonie von Schumann nicht ganz auf der gewohnten Höhe. Es fehlte ab und zu an der letzten Präzision und die Abstimmung unter den verschiedenen Orchestergruppen war nicht immer optimal. Der junge Dirigent Pablo Heras-Casado dirigierte impulsiv und wirkte durchaus souverän, eine sparsamere Gestik und mehr Aufmerksamkeit auf den orchestralen Ausgleich würde aber guttun.

 

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Sternstunde des Klavierquintetts

Kammermusik: András Schiff und Quatuor Ebène

Am Donnerstag Vormittag kam es zu einer Begegnung zwischen dem Meister des Klaviers András Schiff und dem noch jungen Quatuor Ebène. Die Mischung war einerseits ein in der deutschen Romantik verwurzelter Pianist mit einem französischen Quartett bei Schumann und andererseits bei César Franck das französische Quartett mit einem eher deutsch-österreichisch geprägten Pianisten. In beiden Fällen gelang das Amalgam vollkommen. Das Klavierquintett Es-Dur op. 44 war ein Erlebnis in seiner kraftvollen Dynamik wie der erschütternden Tiefe, insgesamt ergreifend und beglückend zugleich.
Das nicht minder meisterliche Quintett des Franzosen mit deutschen Wurzeln César Franck wurde ebenfalls in sozusagen unübertrefflicher Vollkommenheit dargeboten. Hier war die Kombination aus vorwärtsdrängendem Elan und geadeltem Ton hinreissend. Das Quatuor Ebène entfaltete seine grossartigen Qualitäten, Streicher und Klavier fanden sich im gegenseitigen Aufeinanderzugehen zu bewundernswerter Einheit.

 

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Die Gunst des Publikums erobert

Kammermusik: Kian Soltani und Aaron Pilsan

Kian Soltani, Violoncello, und Aaron Pilsan, Klavier spielten am Mittwoch Vormittag ein Rezital, das vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Die beiden Musiker spielen schon seit Jahren zusammen, verfolgen aber auch einzeln eine erfolgreiche Karriere. Aaron Pilsan nahm vor zwei Jahren an der Verbier Academy teil, als Duo traten sie zum erstenmal in Verbier auf. Im ersten Teil des Programms widmeten sie sich einer Gambensonate von Bach und der ersten Cellosonate von Johannes Brahms. Die Sonate für Viola da Gamba und Cembalo in D-Dur BWV 1028, so das Original, erklang stilvoll, mit fast keinem Vibrato des Cellisten und leichtem Ton des Pianisten (ohne den Basso continuo zu stark hervorzuheben) aber auch gar nicht akademisch, sondern sehr schön artikuliert und zwischen den Instrumenten ausgewogen, so dass die Stimmführung gut verfolgt werden konnte. In der Sonate e-moll op. 38 von Brahms konnten sie stärker in den Emotionen schwelgen, da zauberte Kian Soltani einen warmen, gesättigten Ton aus seinem Instrument und Aaron Pilsan griff kräftiger in die Tasten ohne den Cellisten klanglich zu bedrängen. Eine sehr erfreuliche Interpretation.
Der zweite Teil brachte zuerst eine neuere Komposition des Österreichers Thomas Larcher mit dem Titel „Mumie“, nach den Erläuterungen des Cellisten geht es um die 5000 Jahre alte Gletschermumie „Ötzi“. Es ist eine ernste, solide gemachte Komposition, die trotz harter Klänge und klanglichen Verfremdungen direkt anspricht. Auch die fünfteilige Komposition des Iraners Reza Vali fand unmittelbaren Zugang zu den Hörern. Sie basiert auf persischer Volksmusik und verwendet sowohl im Klavier wie im Violoncello verfremdete Klänge, die in diesem Zusammenhang organisch und begründet wirken. Mit dem „Grand Tango“ von Astor Piazzolla erspielten sich die zwei jungen Musiker endgültig die Gunst des Publikums und ernteten frenetischen Applaus, den sie mit einem Stück des Berner Komponisten und Cellisten Thomas Demenga verdankten und damit noch einmal einen Volltreffer landeten.

 

 

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Lehrer und Schüler                

Rezitals von Sergei Babayan und Daniil Trifonov

Am selben Tag boten Sergei Babayan, einstmals Lehrer von Daniil Trifonof, und sein Schüler ein Rezital. Babayan am Vormittag in der Kirche mit Werken des französischen Barock und Sonaten von Mozart. Zunächst aber noch ein schwergewichtiges Stück des Russen Vladimir Ryabov "Fantasie in c-moll op. 21 zum Andenken an Maria Yudina".
Maria Yudina war eine russische Pianistin, sehr fromm und anti-kommunistisch, aber dennoch von Stalin geschätzt und verschont. Das mehrteilige Stück von Ryabov, der am Konzert anwesend war, schildert die Leiden der Pianistin und baut geschickt Zitate aus dem Repertoire von Yudina ein. Im weiteren Verlauf spielte Babayan nicht wie angekündigt eine Suite, sondern einzelne Stücke aus Suiten von Jean-Philippe Rameau, dazu eine Passacaille von François Couperin. Es war ein unübliches Programm, aber die französischen Cembalostücke etwas zu kraftvoll im Klang. Nach der Pause gab es zuerst das Andante für eine Orgelwalze KV 616 von Mozart, recht zierlich und rokokohaft oder empfindsam vorgetragen. Die beiden Sonaten in F-Dur KV 533 und a-moll KV 310 waren auch recht kraftvoll im Ton, namentlich der erste Satz der a-moll-Sonate, konnten aber durchaus gefallen in lebendigen Tempi und deutlicher Artikulation.
Am Abend im Saal Les Combins spielte Daniil Trifonov in der ersten Hälfte eine Hommages an Frédéric Chopin, angefangen mit Variationen von Frederic Mompou über das A-Dür-Prélude über Stücke von Schumann, Grieg, Barber und Tschaikowsky bis zu den Variationen über eine Thema von Chopin op. 22 von Serge Rachmaninoff. Das war etwas Vademekumhaftes an sich, und manche Zuhörer konnten mit der Aufreihung nicht so viel anfangen. Der zweite Teil brachte die Variationen von Chopin über "La ci darem la mano" von Mozart in der Fassung ohne Orchester. Ein Frühwerk im eleganten aber doch gehaltvollen und pianistisch reichhaltigen Stil. Von Trifonnov entsprechend makellos und subtil vorgetragen. Zum Schluss folgte die Sonate in b-moll op. 35, in der sich Trifonov als Chopin-Kenner und Chopin-Interpret bestätigte. Es war eine reiche, kraftvolle und erfüllte Wiedergabe, der Trauermarsch sehr langsam und sehr ernst mit einem sehr schlichten Mittelteil meist im Pianissimo, aber die ganze Sonate ernst und ohne Übertreibungen oder virtuose Zurschaustellungen.

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András Schiff als Dirigent und Pianist

Das Verbier Festival Chamber Orchestra ist weit mehr als ein ad hoc zusammengestelltes Ensemble. Die Musiker sind darin seit mehreren Jahren engagiert und sie spielen nicht nur am Festival sondern unternehmen Tourneen während des Jahres. So muss es nicht erstaunen, wenn dieses Orchester, das bei Bedarf mit Bläsern bis auf 50 Musiker aufgestockt wird, einen hervorragenden Klang und eine erstaunliche Präzision erreicht. Sogar ohne Dirigent mit einer bewundernswerten Flexibilität, was am Gala-Konzert zum 25. Jubiläum trefflich bewiesen wurde. 
Mit András Schiff als Dirigent und Solist bestritt das Orchester ein schönes klassisch-romantisches Programm mit Der „Sommernachtstraum“-Musik von Mendelssohn und der Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester von Mozart im ersten Teil, im zweiten Teil dem Klavierkonzert f-moll von Bach und dem ersten Klavierkonzert von Beethoven mit András Schiff am Flügel. In Mendelssohn und Mozart zeichte Schiff als Dirigent seine grosse musikalische Erfahrung und er leitete das Ensemble mit knappen, doch präzisen Gesten. Die Solistinnen in der Sinfonia concertante, Vilde Frang, Violine, und Tabea Zimmermann, Viola, waren ein Herz und eine Seele und warfen sich die Einsätze im besten Einvernehmen zu. Wie schon beim 5. Violinkonzert von Mnozart einige Tage zuvor wünschte man sich von Vilde Frang einen etwas substanziellen Ton, das war ein vielleicht doch etwas zu zärtlicher Mozart. Tabea Zimmermann mit einem ebenfalls schlanken aber runden Ton auf der Bratsche wirkte da wärmer. 
Das Orchester spielt nicht “historisch“ im eigentlichen Sinn, auch wenn es etwa bei Mozart durchaus eine gute Artikulation pflegt. Beim f-moll-Konzert von Bach war der Stil für meinen Geschmack doch etwas zu weich und rundlich, eher leicht bei András Schiff am Flügel. Anders bei Beethoven, wo zupackender aber auch äusserst gepflegt gespielt wurde. Insgesamt waren die Interpretationen sehr gediegen und nicht irgendwie aufregend, aber sehr gefällig ohne ins bloss lieblich gefällige abzugleiten.Fotos: Aline Paley

 

 

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Ausdrucksstarke Sängerinnen

Das Verbier-Festival bringt seit etlichen Jahren auch konzertante Opern, in diesem Jahr eine Rarität, „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilea, einem Zeitgenossen von Mascagni und Leoncavallo. Wie immer, bietet Verbier auch eine sängerische Starbesetzung, waren es früher oft Leute von der Metropolican Opera New York, so standen dieses Jahr Solisten des Mariinsky Theater von St.Petersburg zur Verfügung und auch der Opernchor dieses Theaters stand auf der Bühne. Die musikalischen Fäden zog Valery Gergiev.
Die Geschichte der Schauspielerin Adrienne Lecouvreur im Paris des frühen 18. Jahrhunderts ist teilweise authentisch und endet, wie auch alle grossen Frauenrollen bei Puccini tragisch. Auch in diesem Stück ist die Handlung mit allem gewürzt, was die grosse tragische Oper des Verismus ausmacht, Liebe und Eifersucht, höchstes Glück und tiefste Verlassenheit, Neid und Rache und dazu eine Prise zynische Hinterhältigkeit in halbkomischer Form, auch etwas Rührseligkeit fehlt nicht in der sehr langen Sterbeszene, in der der Liebhaber wie auch bei „La Traviata“ und „La Bohème“ zu spät kommt. Aber echte und starke Gefühle kann die Oper schon hervor rufen, zumal mit so hervorragenden ausführenden Kräften. Mit der Sopranistin Tatiana Serjan erhielt die Partie der Adriana eine höchst eindrückliche und erschütternde Glaubwürdigkeit allein durch die sängerische Ausdruckskraft, ihre Rivalin Ekaterina Semenchuk als Prinzessin von Bouillon wirkte nicht viel minder stark. Mit dem argentinischen Tenor Marcelo Puente war die Partie des Maurizio, dem Lieberhaber zwischen zwei Frauen, sehr glanzvoll besetzt. Auch die anderen Rollen waren untadelig, vier kleinere Partien waren durch Absolventinnen und Teilnehmer der Opern-Akademie besetzt und der ganze Abend war musikalisch und sängerisch eine Höchstleistung. Valery Gergiev holte aus dem gross besetzten und sehr engagiert mitgehenden Festival-Orchester alles heraus was es an Kraft und Wucht, aber auch an Sensibilität und Klangreichtum und vielfältigen Abschattierungen braucht. Man fragt sich gelegentlich, was in den jungen Musikerinnen und Musikern bei der Aufführen eines solchen Werkes vor sich geht. Bei einer konzertanten Wiedergabe, bei der die optische Sinnlichkeit zu kurz kommt, verlagert sich die Aufmerksamkeit umso mehr auf die sängerische Darstellung und das orchestrale Geschehen. Zu Recht gab es am Schluss für alle Beteiligten sehr lang anhaltenden und stürmischen Applaus.

 

 

 

 

 

 

 

 

Jubiläums-Gala

einige Bilder aus der Gala zum 25. Jubiläum des Verbier-Festivals (Fotos Aline Paley, Lucien Grandjean)


 

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Jubiläums-Gala 25 Jahre Verbier-Festival

 

Ich nehme meine Kritik an den Hoffotografen des Verbier Festivals zurück, mit Aline Paley hat eine Fotografin doch noch signifikante Bilder des Jubiläumskonzerts nachgeliefert. Es begann in einem ersten Teil mit den Streichern. Da fügten sich alle Violin-, Bratschen-, Cellosolisten zu einem Ensemblte und spielten das dritte Brandenburgische Konzart von Bach und die Fantasie "Navarra" von Paplo Sarasate in einer Orchesterversion von Dimitri Sitkovetski.
Im zweiten Teil gab es Klavier zu vier, sechs, acht und sechzehn Händen an einem bis vier Flügeln, wobei auch selten gespielte Stücke wie die Sonate für acht Hände von Bedrich Smetana oder Stücke von Brahms und Rachmaninov aufgeführt wurden. Der Clou war natürlich die Ouvertüre zu "Wilhelm Tell" von Rossini für vier Flügel und acht Pianisten, wobei nur der letzte Teil zur Aufführung kam.
Im dritten und letzten Teil stellte sich das Kammerorchester auf und zusammen mit dem RIAS-Kammerchor Berlin boten sie unter Gabor Takacs-Nagy das "Ave verum" von Mozart und das "Halleluja" aus dem Messias, gefolgt von Operettenmelodien und jazzigen Schnulzen mit Thomas Quasthoff als gefeiertem Solisten.Das Verbier Chamber Orchestra zeigte sich ohne Dirigent als gewieftes Ensemble im Zusammenspiel selbst in grösserer Besetzung. Abschliessend dirigierte Valery Gergiev die "Fledermaus"-Ouvertüre wobei wiederum die prominenten Streichersolisten von Pinchas Zukerman bis Mischa Maisky im Orchester Platz nahmen, für einige der berühmten Musiker vielleicht ein erstmaliges Erlebnis. Ein bunter Strauss durch alle Stile, aber insgesamt doch von gehobenem Niveau und qualitativ hochstehend.

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Gala Verbier Festival

 

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Gala 7

 

 

 

 

 

 

Gala

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hoch intensive Kammermusik

Gestern Dienstag Vormittag in der Kirche ein Erlebnis mit dem Violinisten Kristóf Baráti und dem Pianisten Lucas Debargue.
In der ersten Hälfte nichts Besonderes, eine schöne, detailverliebte Wiedergabe der Violinsonate von Claude Debussy und die erste Sonate, die liebliche „Regenlied“-Sonate von Johannes Brahms. Die hatten wir schon vor einigen Tagen gehört, diesmal war sie um ein Weniges profilierter und konziser, vor allem von Seiten des Pianisten. Und dieser Pianist zog dann auch den Geiger im Schlepptau in der Violinsonate von César Franck. Das war nun beinahe oder sogar wirklich sensationell, so hat man dieses vielgespielte Stück noch nie gehört. Lucas Debarque nimmt offenbar den Klavierpart der Franck-Sonate wirklich ernst, so dass er daraus stellenweise ein Drama von ungeheurer Intensität und Leidenschaft machte. Dabei verfehlte er die feinen Töne durchaus nicht, im Gegenteil, er zauberte eine unglaublich breite dynamische Palette aus dem Flügel. Aber eindrücklich und erlebnishaft war die Wucht der Steigerungen vor allem jeweils am Schluss des zweiten und des letzten Satzes. Das war schlicht und einfach mitreissend und hinreissend, und das Publikum tobte am Schluss nicht bloss wegen Effekthascherei, sondern wegen einer wirklichen und tiefgreifenden Wirkung dieser Interpretation. Stehende Ovation und restlose Begeisterung selbstverständlich nach dieser Performance. 
Ebenfalls sehr intensiv war das Rezital des jungen rumänischen Cellisten Andrei Ioniţă mit dem Pianisten Seong-Jin Cho in Werken von Gaspar Cassado, Beethoven, Schumann und Schostakowitsch. Auch hier hatte man den Eindruck, der Pianist übernehme die Führung, bei Beethovens 3. Sonate in A-Dur op. 69 verharrte der Cellist zunächst im Wohlklang, spätestens im Schlusssatz wenn nicht schon im Scherzo wurde auch er aggressiver durchaus im guten Sinn. Die Fantasiestücke op. 73 von Robert Schumann hatten romantischen Überschwang und Tiefsinn und die Sonate op. 20 von Dmitri Schostakowitsch offenbarte die jungen Künstler definitiv als Musiker, die den Sinn der Musik zu ergründen suchen und tief ins Wesen der Musik vorstossen. Damit können sie auch das Publikum mitreissen und ernteten verdient tobenden Applaus und eine stehende Ovation, was sie mit den Rumänischen Volkstänzen von Belá Bartók und einem etwas rührselig gespielten aber offenbar tief ehrlich empfundenen Arioso (aus einer Flötensonate) verdankten. 
PS: In Verbier ist der Schlussapplaus fast immer tosend mit vielen Bravorufen und lautem Schreien. Das liegt weitgehend am jungen Publikum aus den verschiedenen Jugendorchestern und der Academy, und das ältere Publikum lässt sich leicht anstecken. Ein nicht unsympathischer Zug des Festivals, auch wenn einem das Geschrei gelegentlich zuviel wird. (Foto Lucien Grandjean: Kristof Barati, Lucas Debargue))

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Zwei Pianisten

Am Abend Evgeny Kissin in der Salle des Combins, am darauf folgenden Vormittag Seong-Jin Cho in der Kirche von Verbier.
Der eine bereits eine altbekannte Grösse, der andere zwar Gewinner des Chopin-Wettbewerbs 2015 in Warschau, aber gleichwohl noch nicht den unbestrittenen Rang in der Weltklasse erreicht. Die Programme waren zum Teil ähnlich konzipiert, Kissin mit Chopin, Schumann, Debussy und Skrjabin, Cho mit Debussy, Schumann und Chopin. Kissins Konzert im grossen Saal ar ausverkauft, Cho spielte in der nicht ganz voll besetzten Kirche. 
Evgeny Kissin gehört unbestritten zu den Grossen und das seit Jahren, er ist aber nicht immer ausgeglichen, es gab Jahre, da schien er nicht in voller Form. Aber nun schien er sich wohl zu fühlen und lächelte auch ins Publikum bei seinen sehr zelebrierten Applaus-Auftritten. Die drei Nocturnes von Chopin zu Beginn waren gepflegt, aber etwas flach, die dritte Sonate von Schumann op. 14 war meisterlich und souverän gespielt, doch es fehlte ein Quentchen Leidenschaft, vor allem im Finale. Nach der Pause offerierte er eine Auswahl von Préludes von Claude Debussy, sechs aus dem ersten und zwei aus dem zweiten Heft. Da offenbarte er sich als subtiler und delikater Anschlagskünstler und er konnte die sehr unterschiedlichen Charaktere der Stücke plastisch gestalten. Auch in der vierten Sonate op. 30 von Alexander Skrjabin zeigte er seine Meisterschaft, obwohl es auch hier im zweiten Teil etwas an Impetus fehlte. Er neigt, wie schon bei Schumann an Stellen zu Leichtigkeit, wo volles Zupacken eher angezeigt wäre. Es war ein eindrucksvolles Rezital aber ganz packen konnte es einen nicht.
Der südkoreanische Pianist SeongJin Cho mit Jahrgang 1994 begann beide Teiles seines Rezitals mit „Images“ von Claude Debussy. Auch er verfügt über eine reiche und subtile Anschlagskultur, sein Debussy ist vielleicht etwas „konkret“ doch einnehmend und vielfältige Facetten aufzeigend. Voll überzeugend war seine Gestaltung der acht Fantasiestücke op. 12 von Robert Schumann. Ein voller, nie harter aber prägnanter und wo angezeigt sanglicher Klavierklang, sozusagen ideal für Schumann und hier nun eine wirklich packende Gestaltung. Das war nicht bloss Genuss, sondern Erlebnis. Fast ebenso packend und wirkungsvoll die dritte Sonate op. 58 von Frédéric Chopin. Auch hier ein zupackender Stil, manchmal fast etwas zu kraftvoll und im ersten und dritten Satz etwas zerdehnt. Aber insgesamt lernte man hier einen jungen Pianisten kennen, der bereits viele Verheissungen erfüllt und dessen Rezital die Zuhörer begeistert und bereichert zurück liess. Kissin spendete drei Zugaben, Seong-Jin Cho wurde vom Publikum zu zwei Zugaben gedrängt und erntete am Schluss eine Standing Ovation. (Foto Evgeny Kissin Aline Paley)

 

Kraftvoll und differenziert

 

Duos und ein Trio für Streicher mit erfahrenen Musikern, das ergab am Samstag Abend in der wiederum gut besetzten Kirche von Verbier ein sehr erfreuliches Ergebnis. Die erfahrenen Musiker waren der Geiger Leonidas Kavakos und der Cellist Patrick Demenga, die sich in Duo-Sonaten von Maurice Ravel und Zoltán Kodály hervorragend ergänzten. Leonidas Kavakos kennt man als durchaus zupackenden Violinisten, gleichzeitig technisch perfekt und in der Intonation makellos. Patrick Demenga hatte ich eher feingeistig in Erinnerung. Schon in der kühnen und zuweilen recht dissonanten Sonate von Ravel boten sie alle Mittel auf, vom zarten (und zartesten) Pianissimo und Legato im ersten und dritten Satz bis zu den angriffigen und zuweilen auch harschen Tönen im zweiten und vierten Satz. Da wurde nichts geschönt, und genau gleich ging es in der genialen und gehaltvollen Sonate von Kodály weiter. In diesem Werk war der Ton der Streicher in Kantilenen oder den rezitativischen und rhapsodischen Teilen auch mal voller und intensiver und in den folkloristischen Einlagen vor allem des letzten Satzes rhythmisch freier, aber immer gingen die Musiker aufeinander ein und fanden zu einem kompakten Zusammenspiel. 
Im Trio Op. 9 Nr. 3 von Ludwig van Beethoven gesellte sich die Bratschistin Diemut Poppen dazu und ergänzte das Ensemble sehr gut. Denn wiederum ging es in diesem Werk zur Sache und es entstand eine unzimperliche und kraftvolle und doch sehr differenzierte und dynamisch wie klanglich hervorragend abgestufte Interpretation. Die geniale Kammermusik des frühen Beethoven entstand so frisch und adäquat und löste viel verdienten Beifall aus. Die Zugabe eines Scherzo aus einem anderen Trio von Beethoven war das Tüpfelchen aus I eines bemerkenswert gelungenen Kammermusikabends.

 

 

Temperament und Einfühlung

Rezital Alexandra Conunova, Denis Kozhukhin

Es gibt einige Absagen am Verbier-Festival, Yury Bashmet, Janine Jansen und auch Martha Argerich werden nicht erscheinen. Als Ersatz für Janine Jansen spielte am Freitag Abend in der Kirche die Geigerin Alexandra Conunova mit Denis Kozhukhnin ein Programm mit Sonaten von Beethoven, Prokofieff, Brahms und Ravel. Das Publikum in der praktisch voll besetzten Kirche war begeistert. Die Violinistin bestach durch makellose Technik und der Pianist überraschte durch ein feinsinniges, hervorragend abgestimmtes Spiel. Die Sonate op. 30 Nr. 1 in A-Dur von Beethoven gewann durch eine gut artikulierte, klare Interpretation. Die erste Violinsonate von Sergei Prokofieff schien den beiden Interpreten besonders gut zu liegen, sie boten eine eindrückliche Wiedergabe dieses vielschichtigen Werks, da war viel Temperament, aber auch viel Einfühlung in diese tragische und aufwühlende Musik. Die erste Sonate op. 76 von Johannes Brahms war dann wieder sehr lyrisch und poetisch aufgefasst, mit Zurückhaltung bei der Violine und schöner Klangentfaltung ohne Aufdringlichkeit im Klavier. Zum Schluss die 2. Sonate in G-Dur von Maurice Ravel. Der erste Satz in seinem Linienspiel mit den Tonwiederholungen als Gegensatz schön empfunden, der zweite Satz vielversprechend aber die Spannung auf den Schluss nicht durchhaltend, und der dritte Satz äusserst virtuos durch die Violine, keck durch den Pianisten, aber auch hier war der Fokus etwas zu sehr auf Brillanz gelegt, dabei dürfte es hier auch kratziger zugehen. Manche junge Solisten legen zu viel Wert auf schönen Ton, wo bei gewissen Werken auch den Mut – nicht zum Hässlichen, aber zum weniger schön Gestriegelten gefordert wäre. Die Zugabe, der zweite Satz aus Prokofieffs zweiter Sonate, ursprünglich für Flöte, war auch wieder ein virtuoses Glanzstück, vom Publikum bejubelt.

 

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Eröffnungskonzert

Ein bunter und farbenfroher Strauss zum Jubiläum

Die Eröffnung des Verbier-Festivals 2018 fand mit Chefdirigent Valery Gergiev statt. Das Programm bestand aus populären Werken und es kamen junge Solisten - "Verbier-Zöglinge" sozusagen - zum Zug. Den Auftakt bildete ein Werk von Rodion Shchedrin, einem Komponisten, inzwischen 86 Jahre alt, der seit etlichen Jahren zum Bestandteil des Verbier-Festivals gehört. Neue Musik kommt hier selten zur Aufführung - die klassische Moderne bis 1950 schon - aber Shchedrins Tonsprache orientiert sich auch an der frühen russischen Moderne, eine eigentlich zauberhafte Einleitung, die von einem eher brutalen, rhythmischen und gleichförmigen Teil abgelöst wird. Der Komponist konnte viel Beifall entgegen nehmen. 
Daniel Lozakovich ist ein junges Geigenwunder, dem man immer wieder gerne begegnet, ihn als Verbier-Zögling zu bezeichnen ist leicht übertrieben. Vor Verbier hat er bedeutende Auftritte in Gstaad (Sommets Musicaux) absolviert, wo er Violinkonzerte von Bach und Beethoven (übrigens hinreissend) interpretieren durfte, während er in Verbier stets Virtuosenstücke von Sarasate, Ravel und nun Saint-Saëns zum Besten geben darf. Und die seinerzeitige Professorin an der Verbier-Academy hat sich eher abschätzig über den damals 13-Jährigen geäussert. Immerhin hat er letztes Jahr ein überzeugendes Rezital (mit Bachs Chaconne) gegeben. Das Rondo capriccioso von Saint-Saëns geriet dem jetzt 17-jährigen äusserst einnehmend, man hat seine Detailverliebtheit gerne ohne dass er die grosse Linie vergisst. Er hat einen schönen Ton ohne Aufdringlichkeit. Es ist ein Vergnügen ihm zuzusehen und zuzuhören.
Dem jungen Pianisten George Li, der letztes Jahr als überragender Tastenvirtuosen aufgefallen ist, kam das erste Konzert in g-moll von Felix Mendelssohn auch entgegen. In den Ecksätzen konnte er die brillante Technik in atemberaubenden Tempi ausspielen und im mittleren Satz gefiel er durch die Zärtlichkeit der melodischen Gestaltung (muss aufpassen, dass die Zärtlichkeit nicht in Kitsch umkippt). Auch die Sängerin Pretty Yende glänzte in einer Szene aus Leonard Bernsteins "Candide", in der sie ausserordentliche stimmliche Fähigkeiten und kontrastreiche Stimmungen gros sartig vorzeigen konnte. 
Im zweiten Teil konnte das Orchester seine Fähigkeiten eindrücklich zur Schau stellen. Die viersätzige Suite "Scheherazade" von Nikolai Rimsky-Korsakoff bot dem ersten Violinisten und der ersten Cellistin sowie den Holzbläsern und der Harfe Gelegenheit zu suaberen und inspirierten Soli , Hörner und das gesamte Blech samt den Perkussionisten boten ihrerseits eindrückliche Leistungen. Valery Gergiev liess die Musiker weitgehend spielen und führte sie doch zu einer in sich geschlossenen und abgerundeten Aufführung des farbigen Werks. Trotz anfänglicher Bedenken wegen der Werkauswahl war es ein würdiges Eröffungskonzert des 25. Verbier-Festivals. (Fotos von Nicolas Brodard et Aline Paley. v.l. Valery Gergiev, Daniel Lozakovich, George Li )

 

 

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