Klassik Schweiz - Suisse classique - Swiss classic
Das Swiss-Classic-Journal
15. März 2019
Lieder von Walter Furrer in einem Jubiläumskonzert in Kreuzlingen
In einem Jubiläumskonzert des Thurgauer Kammerorchesters zum 100-jährigen Bestehen der Rudolf Steiner-Schule in Kreuzlingen kamen auch die „Türkischen Lieder“ des Schweizer Komponisten Walter Furrer zur Aufführung. Die Tochter des 1978 verstorbenen Komponisten, die Literaturwissenschafterin Beatrice Wolf-Furrer, kümmert sich rege um den Nachlass des Komponisten und brachte so bereits einige Aufführungen vor allem von Vokalwerken, sowie die Produktion einer CD mit Liedern zustande. Die „Türkischen Lieder“ wurden denn auch vor weniger Zeit durch das Berner Kammerorchester (Solistin Claude Eichenberger) gespielt, und bereits 1971 erfolgte eine Aufführung durch das Westschweizer Radio in Genf. Beatrice Wolf ist auch immer bestrebt, mit einführenden Texten das Werk ihres lange Jahre vergessenen Vaters zu erläutern.
Der Zyklus besteht aus sechs Gesängen für Mezzosopran und Orchester und entstand 1968. Ein orchestrales Vorspiel bereitet die Stimmung für die Textvertonungen vor. Es weist auch darauf hin, wie wichtig der Orchesterpart gegenüber der Gesangsstimme ist und sich keineswegs auf eine Untermalung beschränkt. Vielmehr ist der Gehalt der Gedichte in der Musik des Orchesters wiedergegeben. Dabei ist die Musik in einer freien Atonalität nicht bloss illustrativ, sondern vielmehr konstruktiv aufgebaut und zieht durch ihre mannigfachen motivischen Verknüpfungen die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich und oft weg von der reinen Textvertonung. Das kleine Orchester ist mit solistischen Holzbläsern und einigen Schlaginstrumenten farbig besetzt und wird auch klug klangfarblich eingesetzt. Es ist eine einerseits solid gesetzte und doch auch sinnliche Musik in welche die Singstimme eingebettet ist. Das Thurgauer Kammerorchester, unter der sehr kundigen Führung durch den Gast-Dirigenten Tobias Engeli, brachte eine korrekte und auch lebendige Wiedergabe des Notentextes zustande. Etwas mehr Probenzeit und die farbige Buntheit der Partitur wäre vielleicht noch differenzierter zu Tage getreten. Mit Barbara Hensinger, Mezzosopran, wurde auch hier eine Sängerin verpflichtet, die dem Text und der Musik in sehr hohem Mass gerecht wurde. Eines der Lieder wurde in der originalen türkischen Version rezitiert, so dass ein Eindruck von der Klangfarbe des ursprünglichen Textes entstand.
Das Orchester bestritt an diesem Abend ein recht buntes Programm mit dem zweiten Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven (Solist Benjamin Engeli), der Konzertarie „Ch'io mi scordi di te“ von Wolfgang Amadeus Mozart mit Barbara Hensinger, einem Satz aus „Masque et Bergamasques“ von Gabriel Fauré und nach den Liedern von Walter Furrer noch drei Songs von George Gershwin. Im Klavierkonzert von Beethoven fiel die lebendige Artikulation durch Solist und Orchester auf, der tiefsinnige langsame Satz war besinnlich und ergreifend und der synkopierte neckische Schlusssatz geriet präzis und akzentuiert. In der Konzertarie „Ch'io mi scordi di te“ kombiniert Mozart die Singstimme mit einem konzertanten Klavier. Die Mezzosopranistin Barbara Hensinger und der Pianist konzertierten im gelungenen Wettstreit, die Sängerin gefiel durch einen hellen aber immer abgerundeten Ton. Sie bewies auch Wandlungsfähigkeit in den Songs von George Gershwin, die ebenfalls locker herüber kamen. Das Thurgauer Kammerorchester bemüht sich laut Webseite um originelle Programme und berücksichtigt regelmässig zeitgenössische Musik, vor allem auch von Schweizer Komponisten. Das Programm des Jubiläumskonzertes, bei dem Mit Tobias Engeli, Benjamin Engeli und Barbara Hensinger ehemalige Schüler der Steiner-Schule mitwirkten, fügte sich in seiner Vielseitigkeit gut in dieses Konzept und fand beim zahlreichen Publikum grossen Anklang.